Edith Stein -

Sr. Teresia Benedicta vom Kreuz

Edith-Stein Tafel

Edith Stein lebte eine entscheidende Zeit

in Göttingen, von 1913 - 1916

Die Gedenktafel finden Sie am Haus

Lange-Geismar-Str. 2


Ihr Lebensweg 

Edith Stein, 1891 in Breslau geboren, wuchs in einem jüdischen Elternhaus auf. 

Ihre Suche nach Wahrheit führte sie vom Studium in Breslau, Göttingen und Freiburg 

über Speyer, Münster, Köln und Echt (NL), bis sie 1942 in Auschwitz ermordet wurde.      


Aktuelles

Bemerkungen zu Edith Steins demokratischem Engagement in Kirche und Staat

- Heinrich Detering

 

Mit dem Rückzug von der Assistentenstelle bei Edmund Husserl 1918 erfährt Edith Stein ihre
strukturelle Benachteiligung als Frau in der wilhelminischen Gesellschaft unmittelbar. In sei-
nem Abschiedszeugnis für sie schreibt Husserl im Februar 1919: „Fräulein Dr. Stein hat in der
Philosophie eine weite und tiefe Bildung gewonnen, und ihre Fähigkeiten für selbständige
wissenschaftliche Forschung und Lehre sind außer Frage. Sollte die akademische Laufbahn
für Damen geöffnet werden, so könnte ich sie an allererster Stelle und aufs wärmste für die
Zulassung zur Habilitation empfehlen.“ Edith Stein an Roman Ingarden: „Aber man muss
wohl mal die eigene Ohnmacht recht nachdrücklich zu Gemüte geführt bekommen, um von
dem grenzenlosen naiven Vertrauen auf sein Wollen und Können, wie ich es früher besaß, ge-
heilt zu werden.“
Auch aus dieser Erfahrung heraus, wie aus der persönlichen Begegnung mit dem Grauen des
Weltkriegs, wird sie noch im Jahr 1918 eines der ersten Mitglieder der linksliberalen Deut-
schen Demokratischen Partei DDP. Es ist die neben der SPD einzige uneingeschränkt für die
Weimarer Republik eintretende Partei. Zu ihren Gründungsmitgliedern gehören außer Edith
Stein, Max Weber, Walther Rathenau, Theodor Heuss, Ernst Cassirer, Harry Graf Kessler, die
Frauenrechtlerin Helene Lange, die spätere Mutter des Grundgesetzes Marie-Elisabeth Lüders
und andere. „Die Bausteine der Deutschen Demokratischen Partei“ ist eines der Wahlplakate
überschrieben, es zeigt eine Mauer, die erbaut ist aus Steinen mit Inschriften wie „Gleiches
Recht für Alle“, „Menschenwürdige Wohnverhältnisse“, „verstärkter Schutz der Freiheit der
Person“, „gerecht verteilte Steuern“, „eine freie Kirche in einem freien Staate“,
„Völkerbund“.
Wie eng für Edith Stein die Demokratie mit der Frage der Frauenrechte verbunden ist, zeigt
sich exemplarisch in einem erst in der Werkausgabe wieder veröffentlichten Artikel unter der
programmatischen Überschrift Die Politisierung der Frauen (ESGA 28, 11-16).
Edith Steins demokratisch-republikanisches Engagement bedeutete einen revolutionären
Schritt gegenüber ihrer bürgerlichen Herkunft, dessen Ausmaß im Rückblick kaum angemes-
sen zu erfassen ist – zumal es ja bereits, und mit größter Emphase, vor der Verabschiedung
der Weimarer Verfassung einsetzt. Buchstäblich gehört Edith Stein zu den Gründerinnen der
Weimarer Republik, der ersten deutschen Demokratie.
„Außer der Parteigründung“, schreibt sie in einem Brief, „beschäftigt mich die Aufklärungs-
arbeit, die notwendig ist, um die Frauen zu den Wahlen herumzukriegen. Beides dient zu-
nächst zur Vorbereitung der [verfassunggebenden] Nationalversammlung [in Weimar], die ja
für uns jetzt die Lebensfrage ist.“ Von der Parteipolitik dagegen zeigt sie sich bald enttäuscht.
An Roman Ingarden schreibt sie bereits am Weihnachtstag 1918: „Es fehlt mir das übliche
Handwerkszeug dazu völlig: ein robustes Gewissen und das dicke Fell.“ Umso intensiver
denkt sie nun über die Grundlagen der politischen Arbeit selbst nach. 1925 veröffentlicht sie
als Ergebnis ihres Nachdenkens die Abhandlung eine Untersuchung über den Staat.
Zugleich setzt sie sich als Publizistin und Vortragsreisende für die politische Aufklärung und
Mobilisierung einer mit der Demokratie nicht erfahrenen, ihr gegenüber darum skeptischen
Öffentlichkeit ein.
Noch 1932 schreibt sie in Probleme der Frauenbildung: „Die Reichsverfassung von 1919
brachte die prinzipielle Gleichstellung, die Frauen zu Vollbürgern machte. … Wir brauchen
eine allgemeine gründliche politische und soziale Schulung als Vorbereitung für die Erfüllung
der staatsbürgerlichen Pflichten – übrigens nicht nur für die Frauen, sondern für das ganze
deutsche Volk, das ja erschreckend unreif in die demokratische Staatsform hineingeschleudert
worden ist.“ So Edith Stein 1932.
Begründet ist Edith Steins Emanzipationsforderung in einem Verständnis der Geschlechterrol-
len, das heute als essenzialistisch und nicht frei von ideologischen Vorgaben erscheinen kann;
Frauen sind für sie schon wegen ihres Geschlechts eher als Männer begabt zu Fürsorglichkeit,
Mitmenschlichkeit, Mütterlichkeit. An der damit verbundenen Forderung nach uneinge-
schränkt gleichem Recht für beide Geschlechter aber lässt sie keinen Zweifel – zunächst in
Staat, Gesellschaft und Kirche, dann jedenfalls noch immer in Staat und Gesellschaft.
Nach Taufe und Firmung im Januar und Februar 1922 arbeitet Edith Stein 1923-1931 acht
Jahre Lehrerin bei den Dominikanerinnen von St. Magdalena in Speyer (Mädchenlyzeum und
Lehrerinnenausbildung), und zwar als einzige Lehrerin, die keine Ordensschwester ist. Ihre
Vortragsreisen zu Fragen von Bildung und Frauenrechten setzt sie in dieser Zeit fort, von Prag
bis Zürich; zu ihren Grundsätzen gehören Feststellungen wie diese: „Es gibt keinen Beruf, der
nicht von einer Frau ausgeübt werden könnte. Keine Frau ist nur ‚Frau‘.“
Im Frühjahr 1932 wird Edith Stein Dozentin am Deutschen Institut für wissenschaftliche
Pädagogik in Münster – pädagogische Ausbildung gilt als ‚Frauensache‘, das erlaubt auch der
als Habilitandin viermal Zurückgewiesenen eine akademische Lehrtätigkeit. Sie hält Vorle-
sungen und Seminare zu Pädagogik und Anthropologie ab; die Schrift Der Aufbau der men-
schlichen Person geht aus diesen Arbeiten hervor. In der Münsteraner Zeit kommt es immer
bedrängender zu Auseinandersetzungen mit NS-Studentinnen. In Edith Steins unmittelbaren
Reaktionen fällt auf, wie konsequent sie nun, ihrer Konversion zum Trotz, ihre jüdische Her-
kunft betont: Stets sagt die Katholikin, wenn es um Jüdisches geht, wir. Im April 1933, ein
Jahr nach der Einstellung, wird sie als Jüdin dieses Amtes enthoben.
Noch im selben April 1933 schreibt sie den berühmten Brief an Papst Pius XI. – einen Brief,
an dessen Argumentation über die biographischen Kontexte hinaus zu erinnern ist, wenn es
um Edith Steins politische Zeitgenossenschaft geht: „Heiliger Vater! Als ein Kind des jüdi-
schen Volkes, das durch Gottes Gnade seit elf Jahren ein Kind der katholischen Kirche ist,
wage ich es, vor dem Vater der Christenheit auszusprechen, was Millionen von Deutschen
bedrückt. Seit Wochen sehen wir in Deutschland Taten geschehen, die jeder Gerechtigkeit und
Menschlichkeit … Hohn sprechen.“ In diesem Kontext kommt sie dann auf Judenhass und
Judenmorde als Regierungspolitik zu sprechen; sie fährt fort: „Ich bin überzeugt, dass es sich
um eine allgemeine Erscheinung handelt, die noch viele Opfer fordern wird. ... Aber die Ver-
antwortung fällt doch zum großen Teil auf die, die sie so weit brachten. Und sie fällt auch auf
die, die dazu schweigen. Alles, was geschehen ist und noch täglich geschieht, geht von einer
Regierung aus, die sich christlich nennt. … Ist nicht diese Vergötzung der Rasse und der
Staatsgewalt, die täglich durch Rundfunk den Massen eingehämmert wird, eine offene Häre-
sie? … Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird in Deutschland kein Katholik mehr ein
Amt haben, wenn er sich nicht dem neuen Kurs bedingungslos verschreibt.“
Vielleicht ist es nicht ganz anachronistisch, von diesen Sätzen aus an Björn Höckes im Netz
noch immer nachlesbarer Dresdener Rede von 2017 zu erinnern und an das, was dort über
Kirche, Gesellschaft und die eigene politische Bewegung zu hören war: Über die „Altpartei-
en“, die Gewerkschaften und vor allem „die Angstkirchen“ sagt Höcke, sie „lösen unser liebes
deutsches Vaterland auf wie ein Stück Seife unter einem lauwarmen Wasserstrahl. Aber wir,
liebe Freunde, wir Patrioten werden diesen Wasserstrahl jetzt zudrehen …wir werden uns un-
ser Deutschland Stück für Stück zurückholen.“ Sprechchöre antworten auf diese Sätze:
„Volksverräter! Volksverräter!“

 

 

Verleihung des Edith-Stein-Preises 2023

Der Edith-Stein-Preis geht an Sr. Philippa Rath OSB, Abtei St. Hildegard

für ihr Engagement für die Rechte der Frauen in der katholischen Kirche und in der Gesellschaft,

das sie u.a. als Delegierte im Synodalen Weg und jetzt auch als Mitglied im Synodalen Ausschuss,

sowie zwei Publikationen (2021 und 2022) bundesweit unter Beweis gestellt hat.

Der Edith-Stein-Kreis e.V. stellt die Preisträgerin vor. (Fotos und Redetexte der Preisverleihung)